Für Neonazis ist die Welt einfach
Martin Becher ist Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz. Besser bekannt ist er als einer derer, die den Neonazi-Aufmarsch in Wunsiedel zum Spendenlauf gegen Rechts umfunktioniert haben. Gestern eröffnete er an der Heinrich-Thein-Berufsschule die Ausstellung „Rechtsradikalismus in Bayern“, die einen besonderen Schwerpunkt auf die rechte Jugendszene in Bayern legt. „Je mehr man weiß, desto schwerer wird man über den Tisch gezogen“, betonte Schulleiterin Heidrun Görtler die Bedeutung solcher Informationsveranstaltungen.
Für Rechtsradikale sei die Welt einfach, so Görtler „und manche finden das ganz angenehm, dann muss man weniger nachdenken“, erklärte die Schulleiterin, die ausdrücklich die erneute Twitter-Affäre der AfD-Politikerin Beatrix von Storch nach der Amokfahrt in Münster verurteilte. Zu wenig nachzudenken, aussagen nicht zu hinterfragen, das habe eben auch Folgen. Deshalb sei man an der Heinrich-Thein-Berufsschule stets um Information bemüht, um „die Wölfe im Schafspelz zu entlarven“. Eng arbeiten dabei die Schulsozialarbeiter Martina Meisch und Tim Burkard sowie die Fachbetreuerin für Sozialkunde Dagmar Mertl zusammen. Auch Kerstin Thieler, die beim Roten Kreuz das Team Jugendsozialarbeit an Schulen und Kinderbetreuung leitet, kam zur Ausstellungseröffnung, denn „auch für den Gründer des Roten Kreuzes hatte die Menschlichkeit oberste Priorität, nationalistische Ansichten haben da keinen Platz“.
MdL Steffen Vogel bezeichnete es als wichtig, sich einzuschalten, wenn der Nationalsozialismus verharmlost wird. Noch vor 30 Jahren sei Demokratie in Deutschland nicht überall selbstverständlich gewesen und sie dürfe auch heute nicht als selbstverständlich angesehen werden. „Jeder Mensch ist gleich viel wert“, betonte Vogel, der der Heinrich-Thein-Berufsschule“ hohe Ankernennung für ihren aktiven Sozialkundeunterricht zollte.
Wie Vogel betonte auch Martin Becher, der neben seiner Tätigkeit im Bündnis für Toleranz auch Diplom-Pädagoge und Politologe ist, dass es bei der Frage nach Demokratie um mehr als nur den Ruf nach Volksentscheiden geht. Von Nationalpopulisten werde das Thema Demokratie gerne verkürzt auf den Volkeswillen. „Aber ganz oben stehen hier Menschenrechte, Gewaltenteilung, Pluralismus und Minderheitenschutz“, empfahl Becher einen Blick ins Grundgesetz. Und der Anfang von Demokratie sei ganz anschaulich die Klassensprecherwahl in der Schule.
Die Ausstellung liefert geballte Information über die rechte Szene, klärt auf über NPD, „Netzwerk Süd“ oder die „Identitären“, entlarvt platten Populismus und gibt Argumentationshilfen an die Hand. Becher nennt Organisationen und Personen beim Namen, ob Verlagsleiter Kubitschek und sein „Institut für Staatspolitik“ oder Jürgen Elsässer, der dafür arbeitet, dass nationalistisch geprägte Personen in Betriebsräte oder auch Pfarrgemeinderäte einziehen. Die AfD sei zwar rechtspopulistisch und nicht rechtsradikal, aber sie trage das entsprechende Gedankengut in die Gesellschaft. Becher lud die Schülerinnen und Schüler auf, die Ausstellung zu besuchen, „denn hier gibt es das Grundwissen und Handwerkszeug für die Demokratie“. Er empfahl den Schülerinnen und Schülern außerdem den Film „Blue eyed“, der aus einem Schüler-Experiment zu dem Thema entstand.
Die Ausstellung ist bis zum 27. April im Foyer des F-Baus der Heinrich-Thein-Schule in der Goethestraße zu sehen.
Das Bayerische Bündnis für Toleranz bilden rund 70 Organisationen vom Kultusministerium und dem Bayerischen Landtag über sämtliche Lehrerverbände, das Rote Kreuz bis hin zum Landesschülerrat.
Artikel und Fotos: Sabine Weinbeer